Die Rabbinerfrau und Mutter
Lotte, die Rabbinerfrau
Rabbi Boruch B. Borchardt, Agudat Israel of America (engl.):
” Rebbezin Carlebach was active to make the Rabbi’s house the Center… even when she had a very hard time, because her husband gave all his salary for charity… but her house remained open day and night and she did an outstanding job… she was such a great woman …”
Lotte als Rabbinerfrau wirkte nach zwei Seiten hin: Einerseits beschwichtigte sie die aufgeregten Leute, die in die Rabbiner-Sprechstunde kamen und hörte sich schon einen Teil ihrer Sorgen an. Bis sie an die Reihe kamen, waren sie dann schon etwas beruhigter, nunmehr imstande, die nicht immer einfachen Lösungen zu akzeptieren – für Probleme, die sich angesichts der nicht abbrechenden Kette der Verordnungen gegen die Juden mehr und mehr verwickelten.
Lotte war der “harmonisierende Engel”, der es unserem Rabbiner-Vater ermöglichte, in den düstersten Zeiten seine Toleranz, seinen Humor, seine Weisheit und seine Seelengüte zu erhalten, zu entfalten und auszustrahlen. Sein gehaltvolles Attribut für sie war: “Priesterin der Seele”.
1932
Lotte und ihre Baby-Fürsorge im KZ Jungfernhof bei Riga 1941/42
Aussage von Fanni:
Rabbi Carlebach und seine Frau Lotte setzten sich für Mütter mit Säuglingen und Kleinkindern ein, dass sie eine bessere Behausung zugeteilt bekamen… das Ehepaar Carlebach war vollauf mit den Unglücklichsten beschäftigt.
Die Mutter Lotte Carlebach-Preuss
Fünf ihrer Kinder hatte Lotte nach der Kristallnacht ins Ausland retten können.
Die Sehnsucht nach den Kindern:
… Ich fühle mich am Ende – man hat keine Spannkraft mehr, das Tagewerk hat keinen Sinn mehr … Und vor allem, das ist die erste Ursache und der letzte Grund aller Seelenmütigkeit: die schreckliche Sehnsucht nach den Kindern!… Ich habe das Gefühl, wie man nach einer schweren Entbindung hat – als ob langsam und unaufhaltsam alles Blut davon fließt; jedes Kind das herausgegangen ist, hat im wahrsten Sinne des Wortes ein Stück Herz mitgenommen…”
Und doch fragte sie verzweifelt in Bezug auf die vier Jüngsten:
Wie kann ich meine vier jüngsten, geliebten Kinder retten: “Wo, wo ist ein Weg?”
Sie fragte nach Holland, nach Frankreich, nach dem damaligen Palästina und pochte mit aller Mutterwucht an die für immer verschlossenen Tore …
Und doch lehrte sie gleichzeitig die drei jüngsten Töchter, den noch Unglücklicheren beizustehen, wie die für Juden beschränkten Lebensmitteln mit anderen zu teilen, wie mit ihren jüdischen Kinderfreunden durch Spielen den Hunger zu verdrängen und sie verstand es auch, das Band zwischen dem Rabbinervater und dem Sohn zu festigen und zu vertiefen.
Brief an Cary Möller, 17. Juli 1939
Und wenn sie nachts im Konzentrationslager heimlich weinte, galten ihre Tränen dem Rabbiner mit seiner bedrängten Gemeinde; den Kindern und dem Vater der Kinder, ihrem geliebten und verehrten Ehemann, mit dem sie ihr grausames Schicksal, ihr ganzes Leben und und auch die gemeinsame Sehnsucht nach dem Heiligen Land teilte.
“…Nobody could believe what was happening! We all slept in bunks – men, women and children – altogether. Mine was next to your mother. I held her hand trying to comfort her in an attempt to hold back the tears.”
Brief von Ruth Nebel, 7. Juni 1988
Der Stein des Grabes von Oma Preuss auf dem Har Hamenuchot,
dem Berg der endlichen Ruhe in Jerusalem, der Stadt des ewigen Friedens, beinhaltet eine einzigartige Gedenkstätte für Lotte,
mit den eingemeißelten Worten: