DE EN RU HE
Ein Tag auf einem Luxury-Liner, 1937  

Part 1

Die Sommerferien einer Londoner Familie in den nordeuropäischen Metropolen, Hamburg und Nazi Deutschland

Nach Nigel Bobroff

Meine Geschichte beginnt im August 1937, als meine Urgroßeltern Leopold und Lily Hirshfield von London mit zwei Kindern, Desmond und Joan, eine Kreuzfahrt an Bord der luxuriösen Vergnügungsjacht “TSS Arandora Star” in die nördlichen europäischen Metropole unternahmen. Das Schiff verließ England am 14. August 1937 und kehrte am 3. September zurück. Die Route der Kreuzfahrt war folgende: Oslo, Göteborg, Kopenhagen, Aarhus, Stockholm, Helsinki, Tallin, Zoppot, Danzig, Bornholm, Travemünde, Lübeck und schließlich Hamburg vor der Rückkehr nach Southampton.
 

Einführende Seite aus dem von Desmond Hirshfield zusammengestellten Foto-Album, September 1937

65 Jahre später, an einem Sommernachmittag im Jahre 2002, entdeckte ich im hinteren Teile eines Schrankes versteckt, ein von Desmond zusammengestelltes fotografisches Tagebuch über die Reise. Aus diesen Seiten entstand eine faszinierte und tragische Saga dieser Sommerferien.

Mein Urgroßvater Leopold wurde im Jahre 1889 in Birmingham, England geboren und starb 1966 in London; seine Frau Lily wurde 1889 in London geboren und starb 1978 in London. An Lily erinnere ich mich nur schwach – ich war zwölf Jahre alt, als sie starb und leider habe ich Leopold nie gekannt, denn er starb im selben Jahr, in dem ich geboren wurde. Leopold war der Sohn von Tobias Hirschfield, ein Einwanderer aus Polen, der circa 1870 nach England kam, sechs Jahre vor seiner Heirat mit Rosa Cohen aus Leeds, England. Lily war in London geboren und aufgewachsen, sie war Tochter eines wohlhabenden Schneiders.

Zur Zeit der Kreuzfahrt war Leopold ein aktives Gemeinderatsmitglied in Hendon, einem Vorort von London. Die Familie war gut situiert, jedoch nicht reich, und wohnte in den dreißiger Jahren in Golders Green, einem belaubten Quartier im Nord- London der 30er Jahre. Leopold und Lily hatten drei Kinder: Desmond (1913-1993), wurde später The Lord Hirshfield; Norman, mein Großvater (1915-2000), wurde 1975-1976 der Bürgermeister von Barnet (in London); zu jener Zeit entstand eine enge Beziehung zwischen Barnet und der Stadt Ramat Gan in Israel. Joan schliesslich wurde 1920 geboren und starb 1993. Beide Söhne erhielten eine gute Ausbildung in der City of London School, die sie in den 20er Jahren besucht hatten.
 

Von links: Leopold, Joan, Lily, Desmond

Die ganze Reise wurde von Desmond sorgfältig fotografiert und mit einem detaillierten Kommentar der Ereignisse dokumentiert. Er erstellte ein wunderschönes ledergebundenes Album zum Andenken an die Reise, und nach seinem Tod befand sich dies unter dem Nachlass, der von seinem Bruder Norman geerbt wurde. Etwa ein Jahr nach Normans Tod, als ich zusammen mit meiner Schwester Lara einige seiner Papiere durchsah, stieß ich auf das Album im hinteren Teile eines Schrankes. Es sollte die bemerkenswerte Geschichte ihres Sommers enthüllen, die während 65 Jahren unbeachtet blieb.

Über so viele der Menschen und der Orte, die in dem Album vorkommen, sollte innerhalb von nur wenigen Jahren Tragödie und Leid von unvorstellbarem Ausmaß hereinbrechen.

Startseite
Startseite
Weiter
Weiter